Career Catfishing
In Zeiten digitaler Vernetzung und eines zunehmend kompetitiven Arbeitsmarktes ist das Phänomen des Career Catfishing – also die bewusste oder unbewusste Verzerrung beruflicher Qualifikationen und Erfahrungen – zu einem relevanten Thema geworden. In diesem Blogbeitrag beleuchten wir, was Career Catfishing bedeutet, welche Hintergründe und Motive dahinterstehen und wie Arbeitgeber wirksam dagegen vorgehen können.
Was ist Career Catfishing?
Der Begriff „Catfishing“ stammt ursprünglich aus dem Dating-Bereich und beschreibt das Vorspielen einer falschen Identität. Im beruflichen Kontext bedeutet Career Catfishing, dass Kandidat*innen ihre beruflichen Qualifikationen, Erfahrungen oder Kompetenzen absichtlich übertreiben, verfälschen oder sogar komplett erfinden – sei es in Lebensläufen, auf Online-Profilen (z. B. LinkedIn) oder in Vorstellungsgesprächen. Dabei kann es sich um relativ kleine Ausschmückungen handeln oder um gravierende Fälschungen, die später im Arbeitsalltag zu erheblichen Problemen führen können.
Hintergründe und Motive
Mehrere Faktoren tragen dazu bei, dass Career Catfishing überhaupt erst entsteht:
- Wettbewerbsintensiver Arbeitsmarkt:
In Branchen, in denen Fachkräfte rar und die Konkurrenz groß ist, steigt der Druck, sich von der Masse abzuheben. Manche Kandidat*innen fühlen sich daher gezwungen, ihre Qualifikationen aufzupolieren, um überhaupt erst die Aufmerksamkeit von Recruitern zu gewinnen. - Digitalisierung und Selbstdarstellung:
Soziale Netzwerke und professionelle Plattformen ermöglichen es, das eigene Profil jederzeit zu gestalten und zu optimieren. Diese Flexibilität führt manchmal dazu, dass die Grenze zwischen authentischer Selbstdarstellung und bewusster Irreführung verschwimmt. - Angst vor Ablehnung und Karriereunsicherheiten:
Persönliche Ängste, den eigenen beruflichen Wert nicht zu vermitteln oder den Anforderungen moderner Arbeitsplätze nicht gerecht zu werden, können dazu führen, dass Einzelpersonen versuchen, durch Übertreibungen oder Fälschungen ein besseres Bild von sich zu präsentieren. - Kultureller und gesellschaftlicher Druck:
In einigen Branchen herrscht der Eindruck, dass nur außergewöhnliche Lebensläufe den Erfolg garantieren. Dieser Druck kann dazu führen, dass auch ansonsten kompetente Fachkräfte zu Maßnahmen greifen, die sie in einem ungünstigen Licht erscheinen lassen, falls sie „ehrlich“ bleiben.
Auswirkungen auf Arbeitgeber
Die Konsequenzen von Career Catfishing für Unternehmen können vielfältig und gravierend sein:
- Fehlbesetzungen und daraus resultierende Kosten:
Werden Kandidat*innen aufgrund verfälschter Angaben eingestellt, können sich Fehlbesetzungen schnell zu teuren Fehlentscheidungen entwickeln – angefangen bei der Einarbeitung bis hin zu langfristigen Leistungsproblemen. - Schädigung des Teamklimas:
Wenn sich herausstellt, dass ein Teammitglied über seine Kompetenzen getäuscht hat, kann dies das Vertrauensverhältnis im Team nachhaltig beschädigen und das Betriebsklima negativ beeinflussen. - Rufschädigung des Unternehmens:
Wiederholte Fehleinstellungen wirken sich negativ auf die Arbeitgebermarke aus und können potenzielle Bewerber*innen abschrecken. - Erhöhte Prüfungs- und Überwachungskosten:
Um Career Catfishing zu erkennen und zu vermeiden, müssen oft zusätzliche Ressourcen in den Bewerbungs- und Onboarding-Prozess investiert werden.
Strategien zur Prävention und Gegenmaßnahmen
Arbeitgeber können verschiedenen Ansätzen nutzen, um dem Phänomen entgegenzuwirken:
- Strukturierte und mehrstufige Auswahlprozesse:
Durch den Einsatz von Assessment-Centern, praxisorientierten Tests und strukturierter Interviewführung können Unternehmen besser einschätzen, ob die angegebenen Qualifikationen tatsächlich vorhanden sind. Diese mehrstufigen Prozesse helfen, etwaige Unstimmigkeiten aufzudecken. - Sorgfältige Überprüfung von Referenzen und Zeugnissen:
Das Einholen von detaillierten Referenzen sowie die Überprüfung von Zeugnissen und Zertifikaten tragen dazu bei, dass falsche Angaben frühzeitig erkannt werden. - Digitale Tools und KI-gestützte Lösungen:
Moderne Softwarelösungen können dabei unterstützen, Lebensläufe und Online-Profile zu verifizieren. Künstliche Intelligenz kann etwa Abweichungen in den Angaben erkennen und die Übereinstimmung mit öffentlich verfügbaren Daten überprüfen. - Schulung von HR-Teams:
Regelmäßige Trainings und Sensibilisierungsmaßnahmen für Personalverantwortliche helfen dabei, typische „Red Flags“ zu identifizieren und mit den Besonderheiten der digitalen Selbstdarstellung umzugehen. - Transparente Unternehmenskultur fördern:
Eine offene Kommunikationskultur, in der Authentizität und kontinuierliche Weiterentwicklung geschätzt werden, kann den Druck auf Bewerber*innen verringern, sich künstlich aufzublähen. Wenn Unternehmen klar kommunizieren, dass Lernbereitschaft und Entwicklung genauso wichtig sind wie bestehende Qualifikationen, sinkt der Anreiz, zu übertreiben. - Netzwerk- und Community-Prüfungen:
Der Einbezug von Branchenkontakten und Empfehlungen aus vertrauenswürdigen Netzwerken kann zusätzliche Sicherheit bieten. Oft kennen Expertinnen in der Branche die tatsächlichen Kompetenzen potenzieller Kandidatinnen.
Fazit
Career Catfishing ist ein Phänomen, das eng mit den Herausforderungen der digitalen Transformation und des modernen Arbeitsmarktes verknüpft ist. Für Unternehmen liegt die Herausforderung darin, authentische Talente von potenziellen Täuschungsversuchen zu unterscheiden. Durch strukturierte Auswahlprozesse, den Einsatz moderner Technologien und eine Kultur der Offenheit und Transparenz können Arbeitgeber dem Phänomen effektiv entgegenwirken. Letztlich profitieren alle Beteiligten – von den ehrlichen Kandidat*innen bis hin zu den Unternehmen selbst – von einer authentischen und fairen Bewerbungslandschaft.
Haben Sie bereits Erfahrungen mit Career Catfishing gemacht oder weitere Ideen, wie man dem Trend begegnen kann? Teilen Sie Ihre Gedanken in den Kommentaren!

Arbeitsmarktexperte seit 1994